Bewegte Welten erfassen und neue Datenwelten erschließen

Die Wege im Alltag werden für viele immer weiter. Eingekauft wird nicht mehr um die Ecke, sondern auf der grünen Wiese – neuerdings oft in den mannigfaltigen Kombinationsflächen von Aldi, Rewe, dm und anderen. Manche Kinder werden täglich durch die halbe Stadt zur passenden Kita, Grund- oder höheren Schule gebracht, seit die Sprengelpflicht vielerorts weggefallen ist. Früher ging es selbstverständlich zu Fuß zur nächstgelegenen Einrichtung.

Für die Freizeit wird nicht mehr der Verein im Viertel genutzt, sondern entfernte Fitnessstudios oder Locations für exotischere Sportarten besucht. Neben dem Wohnort haben weiter entfernte Orte Relevanz im Alltag: die Umgebung des Arbeitsplatzes, der Kinderbetreuung, der Freizeiteinrichtungen und die Wege dazwischen. Eine Reduktion auf die Wohnadresse greift deutlich zu kurz, wenn das Handeln und der Alltag einer Person verstanden werden soll. Einerseits ändern sich durch die Mobilität die Bedürfnisse. Andererseits ist die lokale Zuordnung von Infrastruktureinrichtungen nicht mehr sinnvoll, weil die Nutzung der räumlich dem Wohnort nächsten Option nicht mehr wie bisher einfach angenommen werden kann.
Die gestiegene Mobilität der Bevölkerung stellt die empirische Forschung vor neue Herausforderungen. Um die vielfach komplexen Bewegungsmuster zu ermitteln, wäre ein umfassender Fragenkatalog erforderlich. Gleichzeitig werden – nicht zuletzt durch die verstärkte Mobilität – erheblich mehr Bestandsdaten erzeugt. Start- und Zielorte sowie die Wege dazwischen werden während der GPS-Navigation automatisch erfasst. Elektronische Tickets im öffentlichen Verkehr generieren Datenbestände. Die Kommunikation via Smartphone erzeugt weitere Daten. Zu diesen Daten, die sich aus unterschiedlichsten Dienstleistungen und technischen Protokollen ergeben, kommen weitere, immer detailliertere Geo- und Marktdaten. Mit der infas 360 GmbH hat infas 2014 ein Unternehmen gegründet, das derartige Daten bereitstellt. Ziel ist es, alle verfügbaren zielgruppenspezifischen Informationen inklusive Raum- und Zeitangaben mit Befragungsdaten zu neuen Ergebnissen zu verknüpfen. Damit folgt infas der Überzeugung, dass neben Primärerhebungen eine Einbeziehung von Bestandsdaten eine immer größere Rolle spielen wird. Dabei ist infas eines der wenigen Institute, die Primärerhebungen sowie Geo-, Markt- und Kundendatenbestände unter einem Dach vereinen. Dies ermöglicht eine optimale Datenverknüpfung bei vollständiger Kontrolle des Datenschutzes.
Die Zuspielung von Daten erfolgt auf Basis von amtlichen oder postalischen Rastern. Durch den Verzicht auf eine proprietäre Zuordnung sichert infas 360 die Transparenz im Vorgehen und in der Analyse. Somit kann eine Studie, die die Zusatzinformationen von infas 360 einbezieht, wissenschaftlichen Anforderungen genü­ gen und ist publizierbar.
In der Praxis wird im Vorfeld einer Studie geprüft, welche Markt- und Geodaten zur Beantwortung der Fragestellungen beitragen können und welche Daten via Primärerhebung gewonnen werden müssen.
Dabei können bestehende Marktdaten bereits bei der Stichprobenbildung genutzt werden. So können konform den Vorgaben des Arbeitskreises Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM) Zielgruppen mit geringer Inzidenzrate anhand der Bestandsdaten ermittelt und überproportional in die Ziehung aufgenommen werden, wodurch die Screeningkosten deutlich minimiert werden.
Den Befragungsdaten können Markt- und Geodaten schließlich auf Basis einer Segmentierung zugespielt werden. Da dies innerhalb von infas passiert, kann diese Segmentierung sehr feingliederig und anhand zahlreicher Variablen erfolgen. Zusammenfassungen zur Sicherung der Anonymität und des Datenschutzes sind üblicher Bestandteil des Analyseprozesses.
Die Segmentierung anhand zahlreicher Markt- und Geodaten mit korrespondierenden Befragungsdaten ermöglicht zudem, die Ergebnisse wieder in die Fläche zurückzuspielen. Die ermittelten verschiedenen Zielgruppensegmente können in Landkarten visualisiert und geografisch zugeordnet werden. Die Einbeziehung von Bestandsdaten in die empirische Forschung ist eine neue Herausforderung, die recht komplexe Analysen erfordert. Andererseits nimmt der Strom der verfügbaren Daten immer mehr zu und kann im Forscheralltag eigentlich nicht mehr ignoriert werden. Er bietet erhebliche Chancen, die beispielsweise durch steigende Mobilität komplexer werdende Alltagswelt besser zu verstehen.