Von Elektros, Echos, roombas und Paros – eine kleine Geschichte der elektronischen Helfer bei der Alltagsarbeit

Abgekämpft gibt sie auf. Diesen Wettbewerb konnte sie nicht gewinnen. Das Publikum lacht ein wenig höhnisch. 7:58 Minuten verkündet der Moderator als Siegeszeit. Gewonnen hat die Maschine. Einer der ersten haushaltstauglichen und erschwinglichen Geschirrspüler, der der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Die arme unbekannte Hausfrau, die per Hand in dieser Zeit den gleichen Abwasch nicht annähernd, nicht so gründlich und nicht mit so einem glänzenden Ergebnis bewältigen konnte, wirft im wahrsten Sinne das Handtuch. Ihre Gegnerin, die stolze Besitzerin der neuen Maschine, kam dagegen mit einem einfachen Knopfdruck, einem Lächeln und statt in einer unvorteilhaften Küchenschürze in einem schönen Kleid ohne Mühe über die Ziellinie. So einfach wird das Leben der Frauen ab sofort sein. Die Maschinen erledigen die lästige Hausarbeit. Das wird den staunenden Besucherinnen 1939 auf der New York World’s Fair versprochen. Und in der Tat haben Waschmaschine, Staubsauger und viele andere technische Helfer die Hausarbeit deutlich vereinfacht.

Echo als alter Hut?

Doch die Messe im Jahr 1939 verspricht noch viel mehr. Familie Middleton, die man in einem Werbefilm beim Messebesuch begleiten kann, kann kurze Zeit nach dem Geschirrspül-Contest mit Elektro, the Moto-Man, Bekanntschaft schließen. Elektro ist ein humanoider Roboter, wie er im Buche steht. In fast menschlicher Gestalt steht er einen Kopf größer als seine staunenden Betrachter da und wartet auf Befehle, um ihnen gefügig zu sein. Und siehe da, er ist sprachgesteuert und antwortet mit einer warmen, vertraueneinflößenden Stimme. Mit immer gespitzten Mikrofonohren lauscht er auf seinen Namen, der ihn zu Aktivität erweckt. Fast 80 Jahre vor Amazons Echo, das erst jüngst in den USA und in Deutschland auf den Markt gebracht wurde und auf den schönen Namen Alexa hört. Elektro oder Alexa – das elementare Prinzip ist ganz ähnlich. Ein elektronischer Helfer erwacht ganz ohne Maussteuerung oder Tastureingaben nur per Sprachbefehl zu Aktivität und ist als elektronischer Butler seinem Besitzer willig zu Diensten. Der beachtlich große Elektro mag da sogar vielversprechender wirken. Er strahlt nicht nur Souveränität und Kraft, sondern mit fast menschlichem Antlitz auch Charme aus. Den suggeriert die freundliche Echo-Stimme zwar ebenfalls. Aber was tut ein solcher Helfer in Gestalt und Größe eines Eishockeypucks, wenn die eingekauften Vorräte in den Keller gebracht werden müssen? Diese liefert Amazon sicher geschwind und gerne bis an die Türkante. Doch auf den letzten Metern schwächelt das Konzept. Für Elektro wäre diese Verrichtung ein Kinderspiel gewesen. Vorausgesetzt, er passte mit seiner Größe von deutlich über zwei Metern durch die Kellertür seines Zuhauses. Aber dies muss im Konjunktiv verbleiben, denn Elektro erwachte nur auf der Messe zum Leben, während Echo schon nach wenigen Wochen auf dem Markt in vielen Tausend Haushalten seinen Dienst tut. Sie genießen Unterstützung beim Musikhören, müssen nicht mehr aus dem Fenster schauen, um zu erfahren, wie das Wetter ist, können per Stimme einkaufen und warten auf versprochene weitere Anwendungen.

Was ist ein Roboter?

Ob sich Echo zu der Gattung der Roboter zählen lässt, hängt natürlich von der Definition ab. Nach der Encyclopaedia Britannica ist dies eine „automatisch betriebene Maschine, die menschliche Arbeitskraft ersetzt“. In einem der Beiträge zu der Ausstellung „Hello, Robot“ des Vitra Design Museums und anderer Beteiligter (siehe auch zum Weiterlesen am Ende dieses Artikels) wird diese Definition erweitert und der Roboter zu einer „Einheit mit Sensoren, Intelligenz und Auslösern“. Damit eröffnet sich ein weites Feld. Doch so definierte elektronische und in den Anfangszeiten nur mechanische Helfer zur Erleichterung alltäglicher Arbeiten oder Aufwendungen nehmen einen großen Stellenwert in der Familie der Roboter ein. Obwohl der Begriff des Roboters als Bezeichnung für automatische und gefügige Arbeiter auf ein 1920 erstmals aufgeführtes tschechisches Theaterstück und dabei auf das Wort „robata“ mit der Bedeutung von „Frondienst“ zurückgeht, ist er nicht auf das industrielle Umfeld beschränkt. Die Phantasie ebenso beflügelt haben Alltagsanforderungen. Sie reichen von der Verrichtung der Hausarbeit über Freizeithelfer bis hin zu sozialen Robotern, die Betreuungs- und Pflegedienste übernehmen sollen. In allen Fällen sollen sie eigene menschliche Aktivitäten ganz oder teilweise ersetzen – ein vielfach gehegter Traum. Auffällig ist, dass dieser Wunsch im Alltagsbereich anders als in der gewerblichen Arbeitswelt kaum je zum Albtraum wird. Hier ist es eher Verheißung, dort auch Bedrohung – etwa wenn diskutiert wird, in welchem Ausmaß und ob überhaupt Arbeitsplätze vernichtet werden. Doch dazu siehe in dem Beitrag „Kollege Computer übernimmt“ an anderer Stelle in dieser Lagemaß-Ausgabe. In die Alltagswelt dringen die Roboter – nach der oben gewählten Definition – vor allem in den letzten Jahren unaufhörlich weiter vor.

Das Smartphone toppt alles

Das beeindruckendste Beispiel ist sicher das Smartphone. Ein solches Gerät summt, vibriert, piepst, klingelt oder verrichtet seinen Dienst ganz stumm inzwischen in geschätzten 2,5 Milliarden Taschen. Es ist also nicht auf die Bevölkerung in den Industrieländern beschränkt, wo es nur noch wenige Verweigerer gibt, sondern wird weltweit mehr und mehr zur Grundausstattung des Alltags.
Schwieriger ist es schon, die Zahl anderer Haushaltsroboter genau zu beziffern. Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich Staubsaugroboter. Sie hören auf so schöne Namen wie roomba oder beetle. Ihr weltweiter Bestand hat inzwischen höhere zweistellige Millionenzahlen erreicht, und es geht den in Deutschland etwa 40 Millionen traditionellen Haushaltsstaubsaugern langsam an den Kragen. Hinzu kommen verwandte Gesellen wie Wischroboter – auch Fliesen wollen automatisch gepflegt werden – Rasenstutzer oder Fensterputzer. Sie verrichten ihre Dienste in der Regel vorprogrammiert in festem Rhythmus und am besten in Abwesenheit der menschlichen Hausbewohner, um denen nicht zwischen den Füßen herumzuwuseln oder in der Effizienz ihrer für Außenstehende manchmal unergründlichen Wege gestört zu werden. Diese Art der höheren Intelligenz folgt eher nicht humanoider Gestalt und hat ihre eigenen Regeln.
Eher stationär agiert dabei ein ganz besonderer Geselle, den es ebenso schon zu kaufen gibt. Grillbot soll das Schrubben nach dem Bratwurstgenuss erübrigen und übernimmt die Reinigung der Roststäbe. Er müsste in deutschen Sommern eigentlich in jedem Baumarkt zum Verkaufsschlager werden, aber noch fristet er eher ein Nischendasein. Eine begeisterte, bei Amazon eingestellte Rezension preist ihn allerdings bereits als „the perfect gift for a dad who has everything”. Das sollte wirken.

Ökomilch per Drohne?

Auch in anderer Form als der kreisender Rasenmähautomaten ist die Mobilität ein offenbar vielversprechender Entfaltungsbereich für robotische Helfer. Ob Flugdrohnen und nicht mehr der schon lange verschwundene Milchmann uns künftig ökostromgetrieben die Ökomilch anliefern, ist jedoch noch nicht entschieden. Im Spiel sind auch kleine handliche Lieferroboter, die demnächst vielleicht die Bürgersteige unsicher machen. Sie transportieren nur den Inhalt von zwei größeren Einkaufstaschen, sind entsprechend kleiner als ein Lieferwagen und bewegen sich selbstgesteuert ganz begleiterlos etwa in Fußgängergeschwindigkeit. Dabei werden sie sich den Straßenraum möglicherweise mit autonom fahrenden Autos teilen müssen. Wann dies so weit sein wird, darüber streiten die Experten. Die Prognosen weisen eine hohe Spannweite auf – und vielleicht sind sie alle so irreführend wie Visionen aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, nach denen wir alle schon mindestens zwei atomgetriebene Raketenautos unser Eigen nennen müssten. Auf jeden Fall wäre das zuverlässig und allzeit unfallfreie autonome Auto – also ohne eine eingreifbereite Fahrerin oder einen Fahrer, aber mit allerlei unberechenbaren Menschen im unmittelbaren Handlungsfeld außerhalb dieser Maschine – ein wirkliches Novum in der Geschichte der Robotik. Nahezu alle bisherigen Systeme – von der legendären heimlich menschengesteuerten ersten Schachspielmaschine über den eingangs geschilderten alltagstauglichen Geschirrspüler bis hin zu sozialen Robotern der jüngsten Generation sind hochspezialisierte Geräte in einem begrenzten oder oft gut kontrollierbaren Umfeld. Das autonome Auto in freier Wildbahn stellt eine sehr viel komplexere Anwendung in einer schwer kontrollierbaren Umgebung dar. Bisher gibt es wenige Prototypen in weitgehend standardisierten Testfeldern. Doch ihre Zahl nimmt zu, genauso wie die damit gewonnenen positiven wie negativen Erfahrungen. Es ist also noch nicht ausgemacht, ob und wann dies praxis- und vor allem massentauglich sein wird. Skepsis ist genauso angebracht wie große Hoffnungen.
Ambivalent in Wirkung und Beurteilung sind die ebenso schon erwähnten „sozialen Roboter“. Sie wecken in der Betreuung älterer und pflegebedürftiger Menschen vielfach positive Erwartungen, führen aber auch zu kritischen Stimmen – eine Konstante in der Geschichte der Roboter.

Sattelrobbe als Therapeutin

Ein Beispiel, das vielleicht aufgrund des in ihm operationalisierten Kindchenschemas viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, ist das künstliche und zu therapeutischen Zwecken eingesetzte Sattelrobbenbaby Paro – nebenbei wieder so ein Name, der nach der Idee seiner Erschaffer wie auch Amazons Echo kulturübergreifend auf einfache Art Vertrauen und Sympathie schaffen soll. Paro spendet trotz seiner großen schwarzen Knopfaugen umgeben von weichem weißen Fell vor allem haptisch und durch sein angenehmes Schnurren auch akustisch Trost, wenn dieser anders nicht oder nur unzureichend zu erlangen ist. Menschlicher mit ähnlichen Zielen wirkt Alice, ein Roboter in Puppengestalt, der älteren Menschen in Situationen der Einsamkeit eine Stütze sein soll. In dem niederländischen Film Alices Cares wird dies dargestellt. Ähnliche und auch umfangreichere Ansätze gibt es auch in Japan. Sie sollen in alternden Gesellschaften die Pflege und Betreuung Betroffener unterstützen. Die anfängliche Euphorie und die Erwartung einer elektronischen Vollpflege sind glücklicherweise geschwunden, ber unterstützend zu menschlichen Kontakten können diese Konzepte möglicherweise einen guten Beitrag leisten. Doch vollkommen ausgemacht ist dies noch nicht und vielleicht erweist es sich doch noch als robotische Sackgasse. Zum Schluss dieser kleinen Reise wieder einBlick zurück. Für die privaten Haushalte begannen die Bemühungen zur Automatisierung als Roboter-Vorläufer schon vor einigen Jahrhunderten. Sie konzentrierten sich vor allem auf die Waschmaschine. Aber es war ein weiter Weg bis zum Waschvollautomaten. Er stand den erleichterten Verbrauchern erst 1951 zur Verfügung und kam aus dem Hause Constructa. Andere elektrische Haushaltsgeräte gab es zu diesem Zeitpunkt schon länger. Im außerindustriellen Bereich war es jedoch vor allem die Automatisierung der Musik, die den Erfindergeist ankurbelte. Bevor die Zeit der problemlosen Musikkonserven anbrach, wurden Automaten zum Betrieb verschiedener Instrumente zum Beleg für technische Innovationen. Pionierleistungen hat in diesem Zusammenhang der französische Erfinder Jacques de Vaucanson vollbracht. Er stellte 1737 einen automatischen Flötenspieler vor. Und drei Jahre später schnatterte seine mechanische Ente, eine Art Fingerübung zum Beweis des Möglichen. Sie bestand aus 400 Einzelteilen, konnte sogar Wasser trinken und war perfekt in Entengestalt gewandet. So mag sie als Vorläufer der schon vorgestellten sozialen Roboter gelten – gewissermaßen von der metallisch kantigen Ente zum kuscheligen Seehundbaby.
Ob wir diese Entwicklung begrüßen oder verteufeln, ist eine stete Frage. Am Ende ziehen aber die Maschinenstürmer oft den Kürzeren. In der einen oder anderen Form setzen sich Automaten, Maschinen, Roboter und komplexe elektronische Helfer durch. Und auch die pessimistischen Prognosen von einer Übernahme menschlichen
Handelns durch sich verselbstständigende Roboter oder von der Beschäftigungslosigkeit durch Robotisierung haben sich bisher nicht bestätigt. Trotzdem lohnt sich das ethische Ringen um ihre Einsatzbereiche, ihre Kontrolle und ihren Stellenwert. Angesichts der elektronischen Potenziale heute vermutlich mehr denn je.

Zum Weiterlesen:
Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine, Begleitbuch zu einer Ausstellung des Vitra Design Museums und des MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst und des Design museum Gent, 2017.